Erprobungen mit minimalem Stichprobenumfang durchführen: Der Success Run Versuch

Erprobungen mit minimalem Stichprobenumfang durchführen: Der Success Run Versuch

Success Run Erprobungen planen und auswerten, um Erprobungen mit minimalem Aufwand durchzuführen

Die Zuverlässigkeitsauslegung kann abhängig von technischem Produkt, Belastungsart und geforderter Zuverlässigkeit auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen:

  • rechnerisch, mithilfe der Schadensakkumulation oder
  • experimentell, mithilfe einer repräsentativen Stichprobengröße.

Wir zeigen Ihnen, wie Sie Ihre Versuche mit einem Minimum an Versuchsträgern die maximalen Ergebnisse erzielen.

In diesem Artikel lernen Sie,

  • mit welchen statistischen Methoden man die Lebensdauer- und Zuverlässigkeit eines Produkts, Systems oder technischen Komponente nachweisen kann,
  • wieviele Teile getestet werden müssen, um eine geforderte Zuverlässigkeit und Aussagewahrscheinlichkeit nachzuweisen,
  • welche Faktoren die nachgewiesene Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch beeinflussen.
  • welche Annahmen Sie treffen können, wenn Sie keine eindeutigen Vorgaben haben.
  • die Vor- und Nachteile der Success Run Methode kennen.

Inhalt

  1. Grundlagen
  2. Success Run: Einflüsse
    1. Stichprobe
    2. Ausfällen
    3. Raffung
    4. Lebensauerverhältnis
    5. Formparameter
    6. Vorwissen
  3. Auf den Punkt
  4. Weiterführende Infos

1 Grundlagen

Für den experimentellen Zuverlässigkeitsnachweis eines Produkts bedarf es einer Erprobung. Die Erprobung prüft, ob die festgelegte Zuverlässigkeit R für die ausgelegte Nutzungsdauer t nachgewiesen werden kann. Um die Ergebnisse auf die Grundgesamtheit der Produkte zu übertragen, wird die Aussagewahrscheinlichkeit PA herangezogen.

Für eine hohe Aussagewahrscheinlichkeit des Tests und eine genaue Bestimmung der Produktzuverlässigkeit wird ein ausreichend großer Stichprobenumfang n und eine kundenäquivalente Belastung benötigt. Aus Kostengründen soll der Stichprobenumfang möglichst gering sein. Es stellt sich die Frage, wann ist ein Stichprobenumfang ausreichend groß oder wann ist eine akzeptable Aussagewahrscheinlichkeit unter der Berücksichtigung der Projektkosten und Zeitschiene erreicht?

Um diese Frage zu beantworten, gibt es prinzipiell drei Möglichkeiten:

  1. Bei der Success-Run Versuch wird davon ausgegangen, dass die Prüflinge nach der Erprobung noch intakt sind und den Versuch überlebt haben (unvollständige Tests).
  2. Liegen dagegen überwiegend Versuche vor, die bis zum Lebensdauerende gefahren wurden (die also ausgefallen sind), spricht man von vollständigen Tests. Diese werden auf Basis der Weibullverteilung auswertet.
  3. Soll Vorwissen genutzt werden, dann kann mit Hilfe der WeiBayes Methode gearbeitet werden, oder aber es wird ein Versuchskonzept genutzt, bei dem nur die Annahmen überprüft werden.

Alle Teststrategien haben Vor- und Nachteile. Vollständige Tests sind statistisch besser bewertbar, da die Ausfallzeitpunkte eindeutig sind. Sie sind jedoch aufwendiger, da die Versuche länger laufen und dadurch schwieriger planbar. Unvollständige Tests sind hingegen besser planbar, da die Dauern limitiert sind, jedoch ist deren statistische Aussage geringer, wodurch tendenziell mehr Versuche benötigt werden. Einen Ausweg bietet hier die Variante 3 an. Denn hier werden nur die Versuche gemacht, bei denen offene Annahmen bestätigt werden müssen.

Der Fokus in diesem Artikel liegt auf dem Success Run Versuch. Alle anderen Varianten werden in dem Buch Technische Zuverlässigkeit von uns vorgestellt, oder in unserem begleitenden Seminar zur technischen Zuverlässigkeit besprochen.

2 Der Success Run Versuch

Bei der Success-Run Erprobung werden alle Prüflinge für eine feste Prüfdauer getestet. Am Ende der Prüfdauer sollten alle Prüflinge noch intakt sein. Daher der Name Success-Run. Für die Planung eines Success-Run Lebensdauer- bzw. Zuverlässigkeitstests stellt sich die Frage, wie viele Prüflinge n erforderlich sind, um die gewünschte Zuverlässigkeit R des Produkts bei einer geforderten Aussagewahrscheinlichkeit PA nachzuweisen.

Beim Success-Run Versuch sind die Prüflinge nach dem Test überwiegend intakt. Daher kann für diesen Versuch keine exakte Zuverlässigkeit berechnet werden. Es kann nur die Zuverlässigkeit berechnet werden, die mindestens erreicht wird, die sog. Mindestzuverlässigkeit. Die reale Zuverlässigkeit kann deutlich höher sein. Aus Gründen der Einfachheit wird in diesem Kapitel aber immer von der Zuverlässigkeit R gesprochen.

Die Einflüsse auf die im Success-Run Versuch nachgewiesene Zuverlässigkeit R sind vielfältig. Folgende Abbildung zeigt die wichtigsten Einflüsse anhand der Success-Run Gleichung, welche in den nächsten Abschnitten erarbeitet wird. Im Wesentlichen sind dies:

  • Die Aussagewahrscheinlichkeit PA, welche die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der die Vorausgesagte Zuverlässigkeit richtig ist.
  • Der Stichprobenumfang n, welcher die Anzahl der im Versuch getesteten Teile (inkl. der Ausfälle) bewertet.
  • Das Lebensdauerverhältnis LV: dieses berücksichtigt den Einfluss einer im Vergleich zum Feld unterschiedlichen Testdauer.
  • Der Raffungsfaktor AF bewertet den Einfluss einer im Vergleich zum Feld erhöhten Belastung um die Versuchszeiten zu reduzieren.
  • Der Weibullexponent b berücksichtigt die Streuungen der Versuche.
  • Das Vorwissen R0 beachtet, dass üblicherweise aus Vorgängerprodukten oder historischen Versuchen bereits ein Vorwissen zur Zuverlässigkeit des Produktes vorliegt, welches genutzt werden kann um die notwendige Anzahl n an Versuchen zu reduzieren.
  • Der Wissensfaktor f bewertet, wie sicher das Vorwissen übernommen werden kann.
Einflüsse auf den Success Run Versuch

Einflüsse auf den Success Run Versuch und die Gleichung des Success Run Versuchs

2.1     Einfluss der Stichprobe

Dazu wird die Binomialverteilung genutzt. Es wird angenommen, dass zum Zeitpunkt t der Erprobung alle Teile intakt sind und die Zuverlässigkeit eines jeden Prüflings Ri(t) beträgt. Sind die Prüflinge voneinander statistisch unabhängig, gilt R1(t) = R2(t) = … = Rn(t) = R(t).

Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Prüflinge zum Zeitpunkt t noch intakt sind, ist das Produkt aller Einzelzuverlässigkeiten

R1(t) ∙ R2(t) ∙ … ∙ Rn(t) =R(t)n.

Die Wahrscheinlichkeit für den Ausfall eines Teils zum Zeitpunkt t ist damit PF = 1 – R(t)n. Sollte zum Zeitpunkt t kein Ausfall aufgetreten sein, dann ist die Mindestzuverlässigkeit R(t) mit einer Aussagewahrscheinlichkeit von PA gegeben:
PA = 1 – Rn, bzw.
R = (1 – PA)1/n oder
n = ln(1 – PA) / ln(R).

Alternativ zu den obigen Gleichungen können die erforderlichen Stichproben auch Diagrammen entnommen werden. Folgende Abbildung zeigt die nachgewiesene Mindest-Zuverlässigkeit bei verschiedenen Mindestzuverlässigkeiten, wenn in einem Test mit n Teilen keines ausgefallen ist. Darin ist gut erkennbar, dass Aussagewahrscheinlichkeiten von PA > 95% oder Zuverlässigkeiten R > 95% zu einer enormen Stichprobenanzahl führen!

Fazit daraus ist, dass der Nachweis hoher Zuverlässigkeiten praktisch nur rechnerisch mit den Methoden möglich ist! Oder aber mit Versuchen, die bis zum Lebensdauerende der Prüflinge gefahren wurden.

Einfluss der Stichprobe auf die Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch

Einfluss der Stichprobe auf die Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch

2.2 Einfluss von Ausfällen

Treten während der Success-Run Erprobung mit n identischen Prüflingen x Ausfälle auf, lässt sich die Mindestzuverlässigkeit der Stichprobe mit Hilfe des Larson-Nomogramms nach folgender Abbildung verwendet.  Das Larson-Nomogramm enthält zwei vertikale Achsen. Auf der linken Achse ist die Zuverlässigkeit R und auf der rechten Seite die Aussagewahrscheinlichkeit PA skaliert. In der Mitte ergibt sich aus der Kombinatorik des Stichprobenumfangs n und der Anzahl der Ausfälle x ein Liniennetz.

Das Larson Nomogramm zur Auswertung von Versuchen mit Ausfällen beim Success Run Versuch

Das Larson Nomogramm zur Auswertung von Versuchen mit Ausfällen beim Success Run Versuch

Um nun die Zuverlässigkeit zu bestimmen, wird der Schnittpunkt im Liniennetz zwischen den Stichprobenumfang n und der Anzahl der Ausfälle x bestimmt (z.B. für n = 50 und x = 3). Anschließend wird der Schnittpunkt im Liniennetz mit der vorgegebenen Aussagewahrscheinlichkeit (z.B. PA = 90%) verbunden. Der Schnittpunkt dieser Linie mit der linken Achse gibt die zugehörige Zuverlässigkeit R = 87% an (vgl. folgende Abbildung).

Ein Beispiel zur Auswertung von Versuchen im Larson Nomogramm

Ein Beispiel zur Auswertung von Versuchen im Larson Nomogramm

Neben den grafischen Lösungen bietet sich eine Transformation mithilfe der F-Verteilung

R=1/{1 + (x + 1) · FPA;2(x+1);2(n-x) / (n - x)}

und dem Quantil der F-Verteilung FPA;2(x+1);2(n-x) aus Excel an:

EXCEL≔F.INV(PA; 2(x+1); 2(n-x)).

Praxistipps:

Der Zuverlässigkeitsnachweis auf Basis der Binomialverteilung eignet sich dann, wenn die Zahl der intakten Prüflinge n – x die Zahl der ausgefallenen Prüflinge x übersteigt: n – x > x.

Eine bequeme Möglichkeit liefert ein Web-Tool zum Larson Nomogramm.

2.3 Einfluss der Aussagewahrscheinlichkeit

Der Einfluss der Aussagewahrscheinlichkeit PA auf den Stichprobenumfang n wird über die obige Gleichung in Abhängigkeit der Zuverlässigkeit R beschrieben:

PA = 1 – Rn, bzw.
R = (1 – PA)1/n oder
n = ln(1 – PA) / ln(R).

In folgender Abbildung ist der Einfluss der Aussagewahrscheinlichkeit PA für einen Success-Run-Test dargestellt. Mit zunehmender Aussagewahrscheinlichkeit PA steigt der nötige Stichprobenumfang n, um eine definierte Zuverlässigkeit R nachzuweisen.

Einfluss der Stichprobe auf die Aussagewahrscheinlichkeit beim Success Run Versuch

Einfluss der Stichprobe auf die Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch

Praxistipp:

Die Angabe der Aussagewahrscheinlichkeit beim Zuverlässigkeitsnachweis ist unerlässlich. Eine Aussagewahrscheinlichkeit von 50% entspricht einem Vertrauensbereich von 0%. Man kann somit keine Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit ziehen. Eine Aussagewahrscheinlichkeit von 100% ist praktisch nicht möglich, da theoretisch unendlich viele Prüflinge erforderlich wären. Um die Anzahl der Prüflinge nicht zu groß werden zu lassen verwendet man in der Praxis häufig die Aussagewahrscheinlichkeit von PA=80%. In manchen Fällen empfiehlt der VDA Aussagewahrscheinlichkeiten von PA=90%...95%.

2.4 Einfluss der Raffung

Zur Weiteren Reduktion von Prüfumgängen oder Prüfzeiten können die Prüflinge mit erhöhten Beanspruchungen (im Vergleich zu den realen Beanspruchungen) getestet werden. Die erhöhte Beanspruchung in der Prüfung führt in kürzerer Zeit zur gleichen Schädigung wie die reale Beanspruchung.

Vgl. dazu auch unseren Artikel zur Ableitung geraffter Prüfkollektive. In diesem Artikel wird beschrieben, wie der Raffungsfaktor AF berechnet wird, und welche Möglichkeiten es zur Raffung von Kollektiven gibt.

Der Raffungsfaktor AF ist als Verhältnis zwischen der Lebensdauer im Prüfstand tTest zur Lebensdauer im Feld tFeld definiert und beschreibt den Einfluss der Prüfbelastungen auf die Lebensdauer. Unter der Annahme, dass das Ausfallverhalten mit der Weibullverteilung beschrieben werden kann und zwischen Prüfstand und Feld gleichbleibt (und damit der Weibullexponent b ebenfalls gleich bleibt), kann anstelle der Lebensdauer t auch die charakteristische Lebensdauer T der Weibullverteilung eingesetzt werden:

AF = tTest / tFeld = TTest / TFeld

Die Weibullverteilung wird über folgende Gleichung beschrieben:

R = e(–t/T)^b

Auflösen dieser Gleichung nach der charakteristischen Lebensdauer T und einsetzen in die Gleichung des Raffungsfaktors AF liefert folgende Gleichung:

AF=TFeld/TTest = (–ln(RTest))(1/bTest) / (–ln(RFeld))(1/bFeld)

Wird unterstellt, dass der Weibullexponent im Feld bFeld gleich wie in der Erprobung bTest ist (Für viele Ausfallmechanismen im Fahrzeug- und Maschinenbau ist dies annehmbar),

bFeld = bTest = b

vereinfacht sich der Zusammenhang aus obiger Gleichung wie folgt:

AF=TFeld/TTest = (ln(RTest) / ln(RFeld))(1/b)
RTest=(RFeld)(AF^b)

Einsetzen dieser Gleichung in die Gleichung des Sucees Run liefert dann den Zusammenhang zwischen Zuverlässigkeit R = RTest, Stichprobenumfang n, Raffungsfaktor AF, Aussagewahrscheinlichkeit PA und dem Weibullexponenten b:

PA =1 – Rn = 1 – R(n∙AF^b),bzw.
R = (1 – PA)(1/(n∙AF^b))  oder
n = ln(1 – PA)/ln(R) ∙1/AFb

Mit einem Raffungsfaktor reduziert sich der erforderliche Stichprobenumfang für einen Lebensdauernachweis, unter der wichtigen Annahme, dass die Prüfdauer gleichbleibt!

Falls der Weibullexponent nicht bekannt ist, kann auch mit Erfahrungswerten gearbeitet werden. Oft werden Werte von b = 1,5..2 angenommen.

2.5 Einfluss des Lebensdauerverhältnisses

Eine Erhöhung, bzw. Verringerung der Prüfzeit beeinflusst ebenfalls die Stichprobenanzahl n. Die Veränderung der Prüfzeit wird über das Lebensdauerverhältnis LV beschrieben, das ist das Verhältnis zwischen der Prüfdauer tp zur eigentlichen Nutzungsdauer t:

LV = tp/t

Da sich nur die Prüfdauer unterscheidet ist die Lebensdauerverteilung und damit der Weibullexponent b konstant. Einsetzen der Weibullgleichung in obige Gleichung und dann nochmaliges Einsetzen dieser Beziehung in die Success Run Gleichung liefert folgende erweiterte Success Run Gleichung:

PA=1 – R(n · AF^b · LV^b),bzw.
R = (1 – PA)(1/(n ∙ AF^b · LV^b))  oder
n = ln(1 – PA)/ln(R) ∙1/AFb ∙ 1/LVb

Der Einfluss vom Lebensdauerverhältnis ist äquivalent zum Einfluss der Raffung und führt dazu, dass der erforderliche Testaufwand gesenkt wird siehe folgende Abbildung.

Einfluss des Lebensdauerverhältnisses auf die Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch

Einfluss des Lebensdauerverhältnisses auf die Zuverlässigkeit beim Success Run Versuch

2.6 Einfluss des Formparameters

Der Formparameter b der Weibull-Verteilung beschreibt das Streu- bzw. Ausfallverhalten (Ausfallphysik) des Produkts.

Er nimmt daher großen Einfluss auf die Zuverlässigkeitstestplanung. Anhand der obigen Gleichungen zum Success Run ist ersichtlich, dass der Formparameter b in der Testdauer t, der Raffung AF und im Lebensdauerverhältnis LV berücksichtigt wird. Die Anzahl der Prüflinge n hingegen ist unabhängig vom Formparameter, da dass Ausfallverhalten vom Produkt unabhängig von der Stichprobengröße ist.

Falls der Weibullexponent nicht bekannt ist, kann auch mit Erfahrungswerten gearbeitet werden. Oft werden Werte von b = 1,5…2 angenommen.

Typische Streuungen für Wöhlerversuche finden Sie in unserem Blog Artikel zu typischen Streuungen von Wöhlerlinien bzw. in unserem Artikel zur Sicherheit der Dauerfestigkeit bezüglich der Dauerfestigkeit.

2.7 Einfluss des Vorwissens

Die Berücksichtigung von Vorwissen R0 in der Zuverlässigkeitstestplanung zur effizienteren Testplanung ist nach wie vor ein Thema in der angewandten Wissenschaft und Forschung. Es lassen sich eine Vielzahl an Methoden auflisten, die tieferes Wissen der Wahrscheinlichkeitsrechnung erfordern und schnell sehr mathematisch werden. Da die Anwendung des Vorwissens immer noch Gegenstand der Forschung ist, wird hier nur kurz darauf eingegangen.

Neben den Verfahren die als Grundlage den Satz von Bayes unterstellen, gibt es Verfahren die zusätzlich einen Wissensfaktoren  nach dem Verfahren nach Bayer/Lauster nutzten. Dieser Faktor wird genutzt um die Experteneinschätzung von erfahrenen Mitarbeitern zu berücksichtigen. Der Wissensfaktor ist zwischen 0 und 1 definiert und gibt an wie viel vom Vorwissen angerechnet werden kann. Damit gilt für die Gleichung des Success Run:

R = (1 – PA)(1/(n ∙ AF^b · LV^b + ϕ · 1/ln(1/R0)),

Exemplarisch sind nachfolgend Wissensfaktoren für bestimmte Kriterien aufgeführt: ϕ = 1

  • ϕ = 1…0,75 Produkte sind 100% identisch.
  • ϕ = 0,75 …0,5 Produkte unterscheiden sich geringfügig, beispielsweise durch unterschiedliche Produktionsprozesse oder Hersteller.
  • ϕ = 0,5…0,25 Produkte unterscheiden sich teilweise, beispielsweise durch unterschiedliche Materialien.
  • ϕ = 0,25 …0 Produkte unterscheiden sich stark, beispielsweise sehr junger Musterstand (Muster aus der Konzeptphase).
  • ϕ = 0 Produkte unterscheiden sich signifikant.

Praxistipp

Wichtig für die Praxis ist dabei, dass Verfahren zur Berücksichtigung von Vorkenntnissen nur zum Einsatz kommen, wenn bereits valide Vorinformationen und Erfahrungen aus Felddaten oder Versuchen zu einem Produkt vorliegen. Grundsätzlich sollten diese Verfahren nur von erfahrenen Testplanern und Zuverlässigkeitsingenieuren angewandt werden, da dieses erhebliche Einfluss auf den erforderlichen Stichprobenumfang haben. Gleichzeitig sollte das angenommene Vorwissen durch eine Managemententscheidung abgesichert werden.

3 Auf den Punkt

Mit Hilfe des Success Run Tests können Erprobungen geplant und ausgewertet werden, bei denen der überwiegende Teil der Prüflinge am Ende der Prüfzeit noch intakt sind. Die Gleichungen für den Success Run sind relativ einfach und direkt anwendbar. Die wichtigsten Einflüsse beim Success Run Versuch sind folgende:

  • Die Zuverlässigkeit R muss festgelegt werden. Oft gilt R = 0,8…0,95.
  • Die Aussagewahrscheinlichkeit PA muss ebenfalls festgelegt werden. Es wird oft PA = 0,8…0,9 gewählt.
  • Der Stichprobenumfang n ergibt sich aus der Anzahl der verfügbaren Prüflinge oder des verfügbaren Budgets / Prüfstande.
  • Die Anzahl der Ausfälle im Versuch x, welche sich während der Versuchsführung ergeben.
  • Der Raffung AF durch die Überhöhung der Belastung im Versuch gegenüber dem Feld.
  • Dem Lebensdauerverhältnis LV durch eine längere Laufzeit.
  • Dem Weibullfaktor b, der sich aus der Versuchsstreuung ergibt. Typische Werte sind b = 1,5…2.
  • Dem Einfluss des Vorwissens R0 aus Vorversuchen / vorigen Musterphasen.

Wesentliche Vorteile der Success Run Erprobung sind:

  • Es liegt eine definierte Testzeit vor, damit sind die Versuche gut planbar
  • Die Auswertung der Success Run Erprobung ist einfach
  • Der Nachweis der Zuverlässigkeit ist einfach, da nur genügend Teile getestet werden müssen, und die Zuverlässigkeit damit nachgewiesen werden kann.

Allerdings liegen auch Nachteile vor:

  • Die statistische Aussage der Versuche ist relativ gering, da nur eine Aussage gemacht werden kann, ob der Prüfling überlebt hat oder nicht. Besser wäre eine Aussage, wie lange der Prüfling exakt gelebt hat.
  • Hohe Zuverlässigkeiten R > 95% sind nur sehr aufwändig, d.h. mit sehr großen Stichproben nachweisbar. Hier bietet sich z.B. der rechnerische Nachweis an.
  • Das Vorwissen kann nur mit Vorsicht angewandt werden.

Alternativen zum Success Run Versuch sind

  • bei Versuchen mit einer endlichen Lebensdauer die Auswertung nach Weibull und
  • die Erprobung nur der in der Entwicklung getroffenen Annahmen.

Weiterführende Informationen zur Auswertung von Wöhlerversuchen

Hier finden Sie ähnliche Artikel und Informationen zu passenden Seminaren und Büchern. Außerdem können Sie den Inhalt des Artikels bewerten.


 


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Der Autor:

Hr. Dr.-Ing. Stefan Einbock Gründer und Geschäftsführer der EinbockAKADEMIE sowie Experte für die Betriebsfestigkeit und Zuverlässigkeit.

Foto von Dulcey Lima auf Unsplash

Lizenz: CC BY-SA 4.0

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