Verschleiß vs. Ermüdung: Ursachen und Hinweise zur Bewertung von Verschleiß

Verschleiß vs. Ermüdung: Ursachen und Hinweise zur Bewertung von Verschleiß

Immer häufige taucht bei mir die Frage auf was eigentlich der Unterscheid zwischen Verschleiß und Ermüdung ist, und ob der MaterialVerschleiß auch mit den Methoden der Betriebsfestigkeit bewertet werden kann. In diesem Artikel erfahren Sie, was Verschleiß ist, wie sich dieser von der Ermüdung unterscheidet und welche Konstruktionsprinzipien es zur Minimierung des Verschleißes gibt.

Eines vorab: Verschleiß und Ermüdung (Betriebsfestigkeit) sind zwei komplett unterschiedliche Mechanismen. Beide haben nur eines gemeinsam: mit zunehmender Zeit werden beide schlimmer. Im Falle des Verschleißes nimmt der Materialabtrag mit zunehmender Zeit zu. Bei der Materialermüdung wird ein Riss mit zunehmender Beanspruchungsdauer wachsen und evtl. in einem Gewaltbruch enden.

Die Materialermüdung basiert auf der Zerrüttung des Gefüges, in Folge derer sich Intrusionen / und Extrusionen bilden, die dann in der Rissbildung enden (Link)

Dem Verschleiß liegt ein komplett anderer Mechanismus zu Grunde. Deshalb sind beide Themen nicht miteinander vergleichbar.

Beantworten wir aber zuerst einmal die Frage…

…was ist Verschleiß überhaupt?

Grundsätzlich wird unter Verschleiß der kontinuierliche Materialabtrag von Oberflächen verstanden. Kontinuierlich bedeutet, dass der Materialabtrag mit der Zeit zunimmt. Ursächlich dafür sind mechanische Kontakte zwischen zwei Oberflächen.

Der Verschleiß kann dabei sowohl gewünscht und positiv, als auch unerwünscht und negativ sein. Ein gewünschter Verschleiß liegt beispielsweise beim Polieren von Oberflächen vor. Hier führt der mechanische Materialabtrag zu einer Verbesserung der Oberfläche und kann damit sogar die Lebensdauer eines Bauteils erhöhen. Dagegen ist der Verschleiß der Zahnflanken von Zahnrädern auf Grund des mechanischen Kontaktes unerwünscht und kann zum Bauteilversagen führen.

Schauen wir einmal etwas genauer auf die …

… Ursache für Verschleiß:

Es werden generell vier Arten von Verschleiß unterschieden.

  1. Abrasiver Verschleiß
  2. Adhäsiver Verschleiß
  3. Tribochemischer Verschleiß und
  4. Korrosionsverschleiß

Da alle Verschleißarten einzeln oder in beliebiger Kombination auftreten können ist eine generelle Vorhersage des Verschleißverhaltens schwierig. Generell gilt, dass die genauen Ursachen für den Verschließ noch unbekannt und noch Gegenstand der Grundlagenforschung sind. Eine geschlossene Theorie gibt es noch nicht, weshalb das Experiment helfen muss.

Zum abrasiven Verschleiß:

Dies ist der klassische Fall beim Polieren von Oberflächen. Stellen wir uns vor, dass ein relativ harter Körper mit einer Normalkraft in einen relativ weichen Körper eingedrückt wird (z. B. beim Polieren ein Diamantpartikel in einen Werkzeugstahl), dann wird dieser eine gewisse Tiefe eindringen. Wird dieser Diamantpartikel jetzt auch parallel zur Oberfläche bewegt, dann kann er Material aus der weicheren Oberfläche abtragen oder „verschieben“ (es entsteht ein Grat).

Eine etwas vereinfachte Formel zur Berechnung des abrasiven Verschleißes ist:

V=(Verschleißkonstante*Normalkraft*Verschleißweg)/(Härte)

Nach diesem Modell nimmt der Verschleiß ab, wenn

  • die Normalkraft (oder der Anpressdruck) sich verringert
  • der Verschleißweg sinkt und
  • die Härte des weicheren Körpers steigt

Dagegen hat die Härte des härteren Partikels kaum einen Einfluss!

Die oben genannten Einflussfaktoren sind gleichzeitig die Eingriffsmöglichkeiten zur Veränderung des Verschleißverhaltens. Die Oberflächenhärte des weicheren Körpers kann z. B. durch Härten gesteigert werden. Als Faustformel gilt, es sollte die Härte des Verschleißenden Körpers um 30% über der des angreifenden Körpers liegen.

Der adhäsive Verschleiß

Reiben zwei Oberflächen vergleichbarer Härte aneinander, spielt der adhäsive Verschleiß eine dominierende Rolle.

Werden zwei Körper mit hohem Druck aneinander gefügt, können sie verschweißen. Eine parallele Verschiebung der Körper zueinander  diese Körper dann relativ zueinander bewegt (z.B. parallel zur Oberfläche), kann diese Verschweißung wieder aufbrechen und Partikel aus der Oberfläche lösen.  das Bauteil verschleißt. In der Praxis ist dies bereits bei makroskopisch betrachtet vergleichsweise geringen Drücken der Fall.

Eine mikroskopische Betrachtung zeigt jedoch, dass auf Grund von Oberflächenrauhigkeiten nur sehr kleine Bereiche direkt miteinander in Kontakt sind und aneinander reiben. An diesen (mikroskopischen) Kontaktstellen der Rauigkeiten sind dann die Drücke auf Grund der kleinen Kontaktflächen im Vergleich zu den makroskopischen Drücken sehr hoch. Hier findet die Verschweißung und bei einer nachfolgenden Relativbewegung das Ausbrechen des Materials und damit der Verschleiß satt.

Formelmäßig lässt sich dieser Verschleiß wie folgt beschreiben:

Verschleiß =Verschleißkonstante * Normalkraft / Härte

Danach nimmt der Verschleiß ab, wenn

  • die Härte steigt
  • die Normalkraft sinkt und
  • die Verschleißkonstante minimal ist.

Grob gelten folgende Verschleißkonstanten (in abnehmender Reihenfolge) für verschiedene Werkstoffpaarungen (Holm, R. (1946): Electric Contacts. In: Burwell, J. T.: Mechanical

Wear. Hugo Gebers Förlag, Schweden.):

  • Eisen auf Eisen (trocken): 90
  • Stahl auf Gusseisen (geschmiert): 0,6
  • Eisen auf Eisen (geschmiert): 0,2
  • Stahl auf Stahl: 0,126

Es zeigt sich deutlich, dass eine Verbesserung der Schmierung den Verschleiß deutlich reduziert (z.B. durch höhere Viskosität). Besser ist es außerdem, auf unterschiedliche Werkstoffe zu setzen, also die Paarung Metall/Metall zu meiden und durch Paarungen wie Metall/Keramik zu ersetzen. Kann die Paarung Metall/Metall nicht vermieden werden sollten Metalle mit kubisch raumzentrierten oder hexagonalen Gittern bevorzugt werden.

Der tribochemische Verschleiß

Erfolgt neben der mechanischen Verbindung noch eine Chemische Reaktion, spricht man von tribochemischem Verschleiß. Dabei entstehen bei chemischer Reaktion zwischen den Reibkörpern, den Schmierstoffen und den Umgebungsmedien Reaktionsprodukte, die Werkstoffteile aus dem Grundwerkstoff lösen können.
Abhilfe schafft hier eine reaktionsträge Werkstoffpaarung wie z. B. der Ersatz von Metallen durch Kunststoffe, Keramiken oder Edelstähle. Zusätzlich hilft es, die Flächenpressung zu senken.

Der Korrosive Verschleiß

Unter mechanische Last und Korrosion werden Oberflächenschichten abgetragen und es kommt zu einer Oxidation der Oberfläche. Diese führt dann zu Reibkorrosion oder Passungsrost. Evtl. hilft die Verwendung von Werkstoffen mit deutlich unterschiedlichem E-Modul.

Konstruktive Maßnahmen zur Minimierung des Verschleißes

  • Eine Absenkung der Flächenpressung ist immer hilfreich und außerdem sollte die Relativbewegung der Körper zueinander minimiert werden, z.B. durch Abrollenden anstelle von reibenden Bewegungen.
  • Allgemein werden zulässige Flächenpressungen für Stahl/Stahl Verbindungen von p=1,5 MPa angegeben.
  • Oft hilft auch die Reduzierung der Reibung zwischen den Bauteilen. Geschieht dies mittels Beschichtung, dann muss diese Schicht eine möglichst hohe thermische Beständigkeit haben.

Auf dem Punkt

  • Der Verschließ von Materialien ist komplex. Eine rechnerische Vorhersage ist nur möglich, wenn die den Modellen zu Grunde liegenden Verschließmodelle an eigenen Versuchen angepasst wurden.
  • Allgemeine Maßnahmen zur Senkung des Verschleißes:
  • Eine Absenkung der Flächenpressung ist immer hilfreich und außerdem sollte die Relativbewegung der Körper zueinander minimiert werden, z.B. durch Abrollenden anstelle von reibenden Bewegungen.
  • Allgemein werden zulässige Flächenpressungen für Stahl/Stahl Verbindungen von p=1,5 MPa angegeben.
  • Oft hilft auch die Reduzierung der Reibung zwischen den Bauteilen. Geschieht dies mittels Beschichtung, dann muss diese Schicht eine möglichst hohe thermische Beständigkeit haben.
Bildquelle: Pixabay (bearbeitet), Lizenz: CC0 1.0
 
Quellen für diese Inhalte:

                

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