
Rainflow-Zählung einfach erklärt. Inkl. Excel Tool!
Mit Hilfe der Rainflowzählung können aus Last-Zeit Verläufen Spannungsamplituden und Mittelspannungen ermittelt werden. Wir erklären wir die Rainflow Methode anschaulich und stellen auch noch ein kostenloses Excel Tool zur Verfügung.
Der Inhalt:
Motivation
Für einen Betriebsfestigkeitsnachweis müssen einzelne Schwingspiele bewertet werden. Dazu wird ein Last-Zeit-Verlauf (oder ein Beanspruchungs-Zeit-Verlauf) mit Hilfe der Rainflowzählung so ausgewertet, dass einzelne Schwingspiele sortiert nach Amplitude, Mittelwert und Häufigkeit in Form einer Rainflowmatrix vorliegen.
Grundlagen
Dazu sind drei Dinge wichtig:
- Die Annahme der Masing-Hypothese, wonach sich die Hysteres aus der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve ableiten lässt
- Das Gesetz des Werkstoffgedächtnisses, welches das zeitliche Spannungs-Dehnungsverhalten beschreibt und die
- Rainflow-Methode, mit der aus Beanspruchungs-Zeitverläufen Schwingspiele identifizeirt werden können
Die Masing-Hypothese
Es wird angenommen, dass sich die Hystereseäste durch eine Verdopplung der zyklischen Spannungs-Dehnungs-Kurve ableiten lassen (siehe folgende Abbildung). Zusätzlich wird angenommen, dass sich das Werkstoffverhalten zyklisch nicht ändert, also stabil bleibt.

Masing-Hypothese
Das Gesetz des Werkstoffgedächtnisses
Folgende Abbildung erläutert das Werkstoffgedächtnis. Im Linken Bild ist der Belastungs-Zeit-Verlauf mit 10 Lastschritten dargestellt. Das rechte Bild zeigt schematisch den zugehörigen Beanspruchungs-Zeit-Verlauf, also die Reaktion des Werkstoffes auf die Belastung. Das Gesetzt des Werkstoffgedächtnisses besagt folgendes:
- Für die Erstbelastung (Schritt 0-1) gilt das zyklischen-Spannungs-Dehnungs-Diagramm als Spannungs-Dehnungs-Pfad,
- Wird eine Hysterese geschlossen, die auf einem Hystereseast begonnen wurde (2-3-2), so folgt der Spannungs-Dehnungs-Pfad wieder dem ursprünglichen Hystereseast.
- Nach Schließen eines Hystereseastes, der auf der Erstbelastungskurve begonnen und abgeschlossen wurde (1-6-1) gilt wieder das zyklischen-Spannungs-Dehnungs-Diagramm als Spannungs-Dehnungs-Pfad.
In dieser Abbildung wird aus Darstellungsgründen suggeriert, dass Last und Spannung proportional sind. Dies ist nur bei Annahme von linearelastischem Werkstoffverhalten der Fall.

Gesetz des Werkstoffgedächtnisses
Obige Abbildung erklärt auch, warum hier vom Werkstoffgedächtnis gesprochen wird. Abhängig von der Vorbelastung (also der Reihenfolge in der die Belastung aufgebracht wird) ergeben sich auch bei gleicher Belastung unterschiedliche Beanspruchungen. Zwei Beispiele dazu: Bei der Belastung von null (Schritte 0, 2, 8 und 10) ergeben sich komplett unterschiedliche Beanspruchungen (Dehnungen). Gleiches gilt für die Schritte 2-3-2 und 7-8-7 die zwar zu gleichen Spannungen, aber unterschiedlichen Dehnungen führen. Dieser Effekt spielt bei Berechnungen im High Cycle Fatigue eine untergeordnete Rolle. Im Low Cycle Fatigue muss dies allerdings berücksichtigt werden. Man spricht hier auch von einem Reihenfolgeeinfluss.
Jede geschlossene Hysterese (Schritte 2-3-2; 4-5-4; 7-8-7; 1-6-1) entspricht einem Schwingspiel das schädigungsrelevant ist. Die Spannungen und Dehnungen jedes Schwingspieles können dann dem Diagramm entnommen werden (siehe folgende Abbildung).

Schwingspiele aus Hysteresen ermitteln
Die Rainflow Zählung (mit Excel)
Bei zeitlich veränderlichen Lasten liegt ein Last-Zeit-Verlauf vor. Dieser wird nach den oben beschriebenen Methoden in einen Spannungs-Zeit-Verlauf umgerechnet. Mittels Rainflow-Zählung werden dann einzelne Schwingspiele (geschlossene Hystersen) separiert und deren Häufigkeit gezählt. Dies geschieht mittels geeigneter Software (z.B. dem von uns kostenlos zur Verfügung gestellten Excel Tool unter Rainflow Zählung in Excel.). Die Anzahl verfügbarer Softwarecodes ist enorm. Beinahe jede Messsoftware bietet die Möglichkeit zur Rainflowanalyse. Zusätzlich existieren noch viele kostenfreie Pakete für z.B. Matlab.
Folgende Schritte sind für eine Rainflowzählung nach folgender Abbildung nötig:

Rainflow Zählung, die wichtigsten Schritte
- Last-Zeitfolge klassieren: d. h. Einteilung der Last-Zeitfolge in Klassen. Üblicherweise sind das zwischen 64 und 100 Klassen gleicher Größe (im Beispiel von der oberen Abbildung sind dies neun Klassen).
- Umkehrpunkte identifizieren: es werden alle Schwingspiele innerhalb einer Klasse vernachlässigt. Dies bewirkt eine deutliche Reduzierung der Daten, indem nur noch die Umkehrpunktfolge (also die Extremwerte übrig bleiben).
- Hysteresen ermitteln: unter Berücksichtigung des Spannungs-Dehnungsverhaltens und des Gesetzes des Werkstoffgedächtnisses werden die Hysteresen ermittelt. Jede Hysterese wird als schädigungsrelevant angenommen und deren Häufigkeit gezählt.
- Schwingspiele ermitteln: Jede Hysterese entspricht einem Schwingspiel, mit einer Spannungsamplitude sa und einer Mittelspannung sm.
- Residuum ermitteln: Aus dem Hysteresenverlauf werden schrittweise alle Hysteresen, die gezählt wurden gestrichen. Übrig bleibt das Residuum, in Form der Erstbelastungskurve und der Entlastung. Nach ASTM (American Society for Testing Materials) werden die Hystereseäste des Residuums als halbe Schwingspiele gezählt. Alternativ kann angenommen werden, dass sich der Last-Zeitverlauf mehrfach wiederholt. In diesem Fall wird der Last-Zeitverlauf mehrfach nacheinander ablaufen. Das Residuum kann ignoriert werden, wenn die Zählung beim Größtwert beginnt und wieder endet (vgl. Abbildung). Dadurch liegen dann alle Beanspruchungen innerhalb der größten Hysterese (der Hüllhysterese). Es verbleibt nur noch die Erstbelastungskurve als Residuum
(nach dieser Methode arbeitet das Excel Tool, das hier heruntergeladen werden kann: Rainflow Zählung in Excel).Residuum bei Rainflow Zählung berücksichtigen
- Rainflow Matrix erstellen: Im letzten Schritt wird die Häufigkeit aller gezählten Schwingspiele in die Rainflow-Matrix Jede Hysterese beginnt in einer Klasse (der Startklasse) und geht bis zu einer Klasse (der Zielklasse) und endet wieder in der Startklasse. Für die Lastschritte 2-3-2 gilt: die Hysterese beginnt in Klasse 5, geht bis Klasse 7 und endet in Klasse 5 (5-7-5). Diese Hysterese wird in der Rainflow-Matrix in Zeile 5 und Spalte 7 abgelegt.
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