Maschinen und Anlagen werden auf eine festgelegte Betriebsdauer ausgelegt. Nach Ablauf dieser Betriebsdauer sind die Anlagen oftmals noch intakt, da die Auslegung mit Sicherheiten bzgl. der Lastannahmen und der Materialstreuungen geschehen ist. Erfahren Sie in zwei Artikeln, wie Sie die Restlebensdauer eines Bauteils am Ende seiner Betriebsdauer berechnen können.
In diesem ersten Artikel bekommen Sie einen Überblick über die wichtigsten Schritte und Methoden zur Berechnung der Lebensdauer anhend synthetischer Wöhlerkurven.
Im zweiten Artikel lernen Sie anhand eines kurzen Beispieles wie Sie die Restlebensdauer eines Bauteiles berechnen können.
- Festlegung der Betriebsdauer inkl. der geforderten Ausfallwahrscheinlichkeiten (die Anforderungen)
- Definition oder Ermittlung der Lasten, die über die Lebensdauer auf das Bauteil wirken (das Amplitudenkollektiv mittels Rainflow Zählung ermittelt)
- Abschätzung der Belastbarkeit des Bauteils (die Bauteil-Wöhlerkurve)
- Berechnung der Lebensdauer des Bauteils (die Schadensakkumulation nach der Miner-Regel)
zu 1) Festlegung der Betriebsdauer inkl. der geforderten Ausfallwahrscheinlichkeiten (die Anforderungen)
Eine Auslegung auf eine definierte Ausfallwahrscheinlichkeit von z.B. 10 % und auf eine festgelegte Betriebsdauer von z.B. 20 Jahre führt zwangsläufig dazu, dass noch 90 % der Bauteile intakt sind. Diese Bauteile haben eine Restlebensdauer. Für die Gesamtheit der Bauteile kann dann für eine höhere Betriebsdauer die Ausfallwahrscheinlichkeit berechnet werden. Mit zunehmender Betriebsdauer steigt dabei die Ausfallwahrscheinlichkeit. In der Betriebsfestigkeit wird die Ausfallwahrscheinlichkeit über die logarithmische Normalverteilung beschrieben. Erfahrungswerte für die Streuungen finden sich z.B. in Haibach*
, siehe auch die Literaturempfehlungen Link.
Zu 2) Definition oder Ermittlung der Lasten, die über die Lebensdauer auf das Bauteil wirken (das Amplitudenkollektiv mittels Rainflow Zählung ermittelt)
Sind die Betriebslasten kleiner als in der Auslegung angenommen, wird am Ende der Betriebsdauer die Ausfallwahrscheinlichkeit deutlich geringer sein, als angenommen. In diesem Fall kann von einer „echten“ Restlebensdauer gesprochen werden.
zu 3) Abschätzung der Belastbarkeit des Bauteils (die Bauteil-Wöhlerkurve)
wird ein Vorgehen für die rechnerische Abschätzung der Bauteilwöhlerlinie beschrieben, das in seinem Ablauf einem Kochrezept ähnelt. Den genauen Ablauf finden Sie auch programmiert in einem Excel Tool im Download Bereich.
- der Geometrie (über den Spannungsgradienten und die Bauteilgröße),
- der Belastung (über die Belastungsart und Mittelspannung),
- der Oberfläche (über die Rauheit) und
- des Fertigungsverfahrens (über den Einfluss des Schmiedens)
zu 4) Berechnung der Lebensdauer des Bauteils (die Schadensakkumulation nach der Miner-Regel)
Über den Vergleich der Lasten (Spannungskollektiv) und der Belastbarkeiten (Bauteil-Wöhlerlinie) wird die Lebensdauer berechnet. Dazu wird für jedes Niveau der Spannungsamplituden die Anzahl der auftretenden Schwingspiele ni aus dem Amplitudenkollektiv bestimmt und die Anzahl der ertragbaren Schwingspiele Ni aus der Bauteilwöhlerlinie berechnet. Der Quotient aus auftretender zu ertragbarer Schwingspielzahl ist die Teil-Schädigung (di = ni/Ni) für eine Spannungsamplitude. Es wird dabei die Annahme getroffen, dass Spannungsamplituden unterhalb der Dauerfestigkeit zu keiner Schädigung des Bauteils führen. Die Summe aller Teilschädigungen ergibt dann die Schadenssumme des Amplitudenkollektives DKoll . Erreicht die Schadenssumme einen Grenzwert, z.B. DGrenz = 1, ist das Lebensdauerende erreicht. Ist die Schadenssumme des Amplitudenkollektives DKoll < 1 bedeutet dies, dass das Kollektiv i-mal wiederholt werden kann, bis die Schadenssumme Dgrenz erreicht wird (Dgrenz = 1 = i * DKoll).