Berechnung der (Rest-) Lebensdauer von Bauteilen auf Basis synthetischer Wöhlerkurven (Teil 2/2)

Maschinen und Anlagen werden auf eine festgelegte Betriebsdauer ausgelegt. Nach Ablauf dieser Betriebsdauer sind die Anlagen oftmals noch intakt, da die Auslegung mit Sicherheiten bzgl. der Lastannahmen und der Materialstreuungen geschehen ist. Erfahren Sie in zwei Artikeln, wie Sie die Restlebensdauer eines Bauteils am Ende seiner Betriebsdauer berechnen können.

In diesem ersten Artikel bekommen Sie einen Überblick über die wichtigsten Schritte und Methoden zur Berechnung der Lebensdauer anhend synthetischer Wöhlerkurven.
Im zweiten Artikel lernen Sie anhand eines kurzen Beispieles wie Sie die Restlebensdauer eines Bauteiles berechnen können.

 
Die Auslegung eines Bauteils auf eine definierte Lebensdauer erfolgt in vier Schritten
  1. Festlegung der Betriebsdauer inkl. der geforderten Ausfallwahrscheinlichkeiten (die Anforderungen)
  2. Definition oder Ermittlung der Lasten, die über die Lebensdauer auf das Bauteil wirken (das Amplitudenkollektiv mittels Rainflow Zählung ermittelt)
  3. Abschätzung der Belastbarkeit des Bauteils (die Bauteil-Wöhlerkurve)
  4. Berechnung der Lebensdauer des Bauteils (die Schadensakkumulation nach der Miner-Regel

Ein Beispiel zur Berechnung der Restlebensdauer:

Üblicherweise erfolgt die Auslegung eines Bauteils in der Art, dass für die Betriebsdauer die Schadenssumme D = 1 erreicht wird. Stellt sich rückblickend heraus, dass die Belastungen und damit das Amplitudenkollektiv niedriger sind als angenommen, kann das Bauteil länger betrieben werden. Da das Amplitudenkollektiv wird während der Betriebsdauer i-mal wiederholt.

Für die Berechnung der Restlebensdauer wird in einem ersten Schritt die Schadenssumme des Lastkollektives für gesamte Betriebsdauer berechnet DBetrieb = i * DKoll. Die Differenz aus Schadenssumme während Betriebsdauer DBetrieb und Grenzschadenssumme DGrenz = 1 repräsentiert die Restlebensdauer Drest:
DRest = DGrenz – DBetrieb.
Dies bedeutet, dass das angenommene Kollektiv nach erreichen der Betriebsdauer j-mal wiederholt werden kann, bis die Schädigung DRest erreicht ist:
DRest = j * DKoll.
 
Wird aus Gründen der Bauteilsicherheit mit Grenzschadenssummen <1 gerechnet, kann auf gleiche Art vorgegangen werden.
 
Ein kleines Beispiel:
Die zulässige Schadenssumme, ist DGrenz = 0,1.
Das Bauteil wird für eine Lebensdauer von 10 000 h ausgelegt.
 
Aus einer Messung über 50 Betriebsstunden wird ein Amplitudenkollektiv ermittelt und die Schädigung DKoll = 0,0003 berechnet.
 
Die Frage ist:
Wie lange kann das Bauteil nach Erreichen der Betriebsdauer von 10 000 h  noch betrieben werden?
 
Lösung:
  1. Anzahl der Kollektivwiederholungen bis zum Erreichen der Betriebsdauer:
    j = 10 000 h / 50 h = 200
    Dies bedeutet, dass das Kollektiv 200 mal wiederholt wird, bis das Ende der Betriebsdauer von 10 000h erreicht ist.
  2. Berechnung der Schädigung zum Ende der Betriebsdauer:
    DBetrieb = i * DKoll = 200 * 0,0003
    DBetrieb = 0,06
  3. Berechnung der Restlebensdauer:
    Drest = DGrenz – DBetrieb = 0,04
    Berechnung der Häufigkeit des zu wiederholenden Kollektives j:
    Drest = j * DKoll
j = Drest / DKoll = 0,04 / 0,0003 = 133
Dies bedeutet, dass das Kollektiv nach Erreichen der Betriebsdauer noch 133 mal ertragen werden kann. Die Restlebensdauer ist dann wegen der 50 Betriebsstunden je Kollektiv bei 50 h * 133 = 6 666 h

 


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